Exkursion Freiburg / Strasbourg

Die Straßenbahnbrücke (hinten) bietet kurze Umsteigewege zu Bus (vorne links) und Bahn (vorne rechts).
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Freiburg macht’s möglich

Am zweiten Oktoberwochenende unternahm die Bürgerinitiative Umweltverträgliche Mobilität im Schwabachtal eine Informationsexkursion in die „Solar- und Umweltstadt“ Freiburg.
Ziel der Reise, an der auch einige Stadt-, Gemeinde-  und Kreisräte sowie ein  Verkehrsplaner der Stadt Erlangen teilnahmen, war es, den anerkannt hoch leistungsfähigen öffentlichen Nahverkehr der Stadt kennen zu lernen und sich aus erster Hand über die Voraussetzungen, die Wirkung auf die Pendlerströme und die Finanzierbarkeit informieren zu lassen. Andreas Hildebrandt, Pressesprecher der VAG Freiburg, empfing die Besucher herzlich – trotz der 1,5 Stunden Verspätung.

Mehr Angebot = mehr Akzeptanz = geringere Kosten

Die Restrukturierung begann 1997 und fußt heute auf zwei wesentlichen Ansätzen:

Zum einen folgt die Linien- und Routenplanung nicht der billigsten, sondern der sinnvollsten Lösung. Ergebnis: kurze Fahrzeiten, also mehr Fahrgäste. Bus und Bahn fahren da, wo die Menschen wohnen oder arbeiten, kein Einwohner hat mehr als 500m bis zur nächsten Haltestelle.

Zum anderen bietet die VAG eine so genannte RegioKarte an, die als Monatskarte nur 44,- Euro, als Jahreskarte 440,- Euro (36.70 Euro/Monat) kostet. Dieses konkurrenzlos preiswerte Angebot hat dazu geführt, dass heute 90 % der Fahrgäste eine solche Karte besitzen. Und wer sie hat, der nimmt häufiger den Bus oder die Bahn – auch für kurze Wege – einfach, weil es nichts kostet. Die Karte ist überdies übertragbar, und sie ermöglicht am Wochenende auch noch die Mitnahme eines zweiten Erwachsenen und zweier Kinder. Dank der RegioKarte stiegen die Fahrgastzahlen von unter 50 Millionen auf gut 65 Millionen im Jahr. Diese Steigerung ist umso bemerkenswerter, als bereits die Einführung ihres Vorläufers, der Umweltschutzkarte, nahezu eine Verdopplung bewirkt hatte.

Hinzu kommen zahllose weitere Leistungsmerkmale: Das Umsteigen von den zentralen Straßenbahnlinien auf die vielen Zubringerbusse erfolgt „Backe an Backe“, ohne weite Wege und mit garantiertem Anschluss. Busse werden tagsüber im 15-Minuten-Takt, Bahnen mit 7,5 Minuten Abstand bedient. Ein stündlicher Nachtbus hält auf Zuruf an beliebigen Stellen der Strecke. Er kostet 2,50 Euro pro Fahrt. Für nur einen Euro Aufpreis kann ein „Safer Taxi“, ein Sammeltaxi  an die Endhaltestelle geordert werden, das jeden Fahrgast bis vor seine Haustüre fährt. Die tatsächlichen Mehrkosten werden von den jeweiligen Gemeinden getragen.

Außerdem gibt es in Freiburg subventionierte Semestertickets, Jobtickets, Parkraumbewirtschaftung – und einen Fahrgastbeirat, über den auf kurzem Wege Beschwerden und Verbesserungswünsche an den richtigen Mann gebracht werden können.
Das auch im Erlanger Umland beklagte Problem zu voller Busse im Winter durch umsteigende Fahrradfahrer (Freiburg hat hier saisonale Zuwächse von 40 %) hat die Stadt elegant gelöst: Es werden ausreichend Fahrzeuge bereit gestellt, Fahrer können Bahnen und Busse gleichermaßen steuern, und das Personal arbeitet im Winter etwas länger und macht seinen entsprechend längeren Urlaub bevorzugt im Sommer.

Mit 64 Straßenbahnen auf 36,4 km Schiene und 70 Bussen auf 273 km Linienlänge transportiert die VAG heute täglich rund 200.000 Fahrgäste.  Der Kostendeckungsgrad liegt bei sensationellen 85 % (Bundesdurchschnitt sind 72 %), entsprechend konnte das Defizit in den letzten Jahren deutlich gesenkt werden (von 10 auf 6 Millionen Euro, weitere 3,9 Millionen sollen ohne Einschränkungen des Angebots noch erreicht werden).

Straßenbahnen locken mehr als Busse

Was die BI immer wieder thematisiert und von den politischen Entscheidungsträgern doch oft angezweifelt wird: wo Buslinien durch neue Straßenbahnstrecken ersetzt wurden, kam es sofort zu Fahrgastzuwächsen von 20-40%. Diese Erfahrung bestätigt sich, wenn Baustellen einen Schienenersatzverkehr mit Bussen nötig machen: dann nehmen die Fahrgastzahlen wieder um bis zu 40% ab. Auch die Park&Ride-Parkplätze sind deutliche Indikatoren: voll besetzt an Straßenbahnhaltestellen, nicht so ausgelastet bei Bussen. Es ist also eindeutig, Mensch fährt lieber Bahn als Bus. Und so ist es zwar richtig, dass die Betriebskosten einer Straßenbahn höher sind – ihr Kostendeckungsgrad ist es aber auch!

Rundfahrt im Sonderzug

Am zweiten Tag der Reise wurde den Erlangern dann von der VAG noch eine  exklusive Stadt-Umland-Rundfahrt mit einem Sonderzug der Siemens Combino Baureihe geboten. Geführt wurden Sie hier vom Vorstand der Verkehrsbetriebe Prof. Dr. Rolf-Michael Kretschmer. Hier wurden noch offene Fragen geklärt: Wie etwa funktioniert die Nutzung der Fußgängerzone, und wie sieht es aus mit der Anwohnerakzeptanz entlang der Bahnstrecken? Die Teilnehmer konnten auch hier nur staunen: Reges Gewusel in der Innenstadt, gekennzeichnet durch entsprechende Vorsicht des Straßenbahnfahrers und durch Rücksichtnahme seitens der Passanten, bewies, dass der „Mischverkehr“ problemlos funktioniert. 2/3 der Strecken verlaufen im Rasengleis, das ist preiswert, leicht zugänglich bei Reparaturen, Schall dämmend und auch noch schön anzusehen. Und in den neu entwickelten Stadtteilen Rieselfeld und Vauban erlebten die Gäste mediterranes Flair: Anwohner hatten bei herrlicher Herbstsonne ihre Bänke und Tische vor die Haustür gestellt und störten sich nicht an der vorbeifahrenden Bahn. Leben findet hier wieder auch auf der Straße statt. Und weil die Verkehrsanbindung so gut ist, kommen in Rieselfeld auf 1000 Einwohner nur 283 Autos.

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