Exkursion 2022 nach Ulm

„Man muss das Rad bzw. die Schiene nicht neu erfinden“

Nach zweijähriger Corona-Zwangspause besuchten zwanzig Bürger*innen, Mandatsträger*innen aus der Stadt Erlangen und dem Landkreis Erlangen-Höchstadt sowie Mitarbeiter*innen des Zweckverbandes Stadt-Umland-Bahn vom 08.-10. Juli 2022 die Stadtwerke Ulm (SWU). Organisiert hatte die Infofahrt die Bürgerinitiative Schwabachtal, die regelmäßig Städte mit gutem Straßenbahnangebot besucht.

Die Wahl fiel aus mehreren Gründen auf die Stadt Ulm, die aktuell zwei Straßenbahnlinien betreibt. Hr. Gummersbach, Geschäftsführer Verkehr der Stadtwerke Ulm, zeigte die erfolgreiche Entwicklung des Straßenbahnbetriebs: Verlängerung der Linie 1 um fast 5 km im Jahr 2009, Eröffnung der 9,3 km langen Neubaustrecke, Linie 2, im Jahr 2018 und die Planung einer Erweiterung Richtung Neu-Ulm.
Wie der Zweckverband Stadt-Umland-Bahn in Erlangen begleiten auch die Stadtwerke Ulm Planungen mit intensiver Bürger*innenbeteiligung. Es gibt Infozeitungen, Trassenbegehungen und während des Baus ein Infomobil mit einem „Kümmerer“.
Mit dem Ausbau des Straßenbahnnetzes stiegen die Fahrgastzahlen kontinuierlich an – die Ulmer Bürger*innen lieben und nutzen dieses Verkehrsmittel. „Wenn, aufgrund von Wartungsarbeiten, anstelle der Straßenbahn dann wieder einmal Busse eingesetzt werden müssen, kommen viele Anfragen, wann denn endlich wieder die Straßenbahn fahren würde“, berichtete Jürgen Späth, Leiter der Schienenfahrzeuge.

Siemens-Straßenbahnen im Einsatz
Die Reisegruppe aus Erlangen konnte sich im Anschluss an den Fachvortrag von der Qualität eines schienengebundenen Verkehrsmittels persönlich überzeugen. In einem neuen Avenio, der übrigens wie alle Straßenbahnen in Ulm von der Firma Siemens kommt, wurde die Linie 2 befahren. Eine entspannte Fahrweise, die Fahrgäste auch bei 70 km/h nicht durchschüttelt, das großzügige Raumangebot, die barrierefreien Zustiegsmöglichkeiten begeisterten die Gäste aus Erlangen. „Es ist ein Riesenunterschied zum Busverkehr“, meint Esther Schuck, Vorsitzende der BI Schwabachtal, „mit der bei uns geplanten Stadt-Umland-Bahn können wir eine neue Qualität im ÖPNV bieten, wie sie bisher in Erlangen nicht vorhanden ist.“ Alternative Antriebsformen, wie Wasserstoffbusse, sind in Ulm allenfalls als Ergänzung gedacht – die Straßenbahnen sind das Rückgrat des ÖPNV und befördern die meisten Fahrgäste. Auch unter Klimaschutzaspekten ist die Straßenbahn mit der direkten Stromnutzung das beste Massenverkehrsmittel. Sie ist Elektromobilität ohne Umwandlungs-Umwege. Zudem kosten Wasserstoffbusse dreimal so viel wie ein gängiger Bus und die notwendige Ladeinfrastruktur verteuert diese Antriebsform zusätzlich.

Beeindruckende Technik
Begeistert waren die Besucher auch von der Gestaltung der Trasse, wo über weite Strecken die Straßenbahn auf einem Rasengleis unterwegs ist.

Hans-Thomas Benz, BI Schwabachtal, zeigt sich beeindruckt: „Der Wechsel von eigener Trasse in den Mischverkehr mit Autos funktioniert reibungslos. Die Straßenbahn wird bevorrechtigt und kommt so zügig voran.“ Die Linie 2 wurde nach den neuesten technischen Möglichkeiten gebaut. Eine Verbesserung fiel Harald Bußmann, BI Schwabachtal, auf: „Die in den Gleisen eingebauten kleinen Schmierkästen helfen, dass die Straßenbahn leise um die Kurve fährt. Das ist nur ein kleines Beispiel dafür, dass das System Straßenbahn ständig weiterentwickelt wird. Deshalb wird bei uns die Stadt-Umland-Bahn auch hochmodern und attraktiv sein.“
„Man muss das Rad bzw. die Schiene nicht neu erfinden“, meint Esther Schuck. „Wenn man sich Straßenbahnen in anderen Städten ansieht, versteht man, warum Straßenbahnen boomen. Von jeder unserer bisherigen Besichtigungen haben wir neue Erkenntnisse mitgebracht und die Überzeugung, dass eine Straßenbahn auch für Erlangen ein riesiger Qualitätssprung sein wird.“

„Besuchergruppe der BI Schwabachtal vor dem neuen Avenio in Ulm“

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